Kultur
Als Einstieg verweisen wir gerne auf die Webseite von einem Reiseveranstalter für Kenia, der die wichtigen kulturellen Informationen für Reisende zusammengefasst hat:
Kenia-Urlaub.net/kultur-in-kenia
Die weiteren Texte stammen vom Länderportal der GIZ, welches vom Netz genommen ist. Verfasser ist der Historiker und Journalist Stefan Ehlert. Die Urheber wurden informiert, dass auf meiner Tourismusseite zu Kenia die Inhalte veröffentlicht werden.
Kenias Hauptstadt Nairobi ist eine Weltstadt mit einem großen Angebot an Musik, Literatur und bildender Kunst, wo sich Welttrends und regionale wie lokale Entwicklungen oft zu etwas Neuem verschmelzen. Das Ende der Ära Moi Ende 2002, genannt Second Liberation, wirkte wie ein Befreiungsschlag auf die Künstlerszene; es entstanden neue Kulturzentren wie das GoDown Arts Center in South C und neue Museen wie das RaMoMa für moderne Malerei in Parklands. Es gibt modernes Tanztheater, und selbst Stücke wie die explizit auf die weibliche sexuelle Selbstbestimmung bezogenen Vagina-Monologues können unsanktioniert aufgeführt werden
Kenianische Filmemacher – nicht zuletzt durch die Unterstützung von Tom Tykwer – produzieren außergewöhnliche Spielfilme und Dokumentationen über ungewöhnliche Stoffe, wie der über eine lesbische Liebe junger Frauen, Rafik, oder Soul Boy, Nairobi Half Life und Supa Modo, die weltweit Beachtung finden.
Junge Künstler wie der eritreische Exilant Fitsum Woldelibanos haben in Kenia Erfolg und Ausstellungen in Übersee; etablierte Maler können plötzlich von ihrer Arbeit auch leben. Und angesagte Websites vermitteln allen, die Zugang zum Netz haben, was los ist: Auf Websites wie ‹Kuonatrust› präsentieren sich junge Maler und Bildhauerinnen. KenyaBuzz wirbt für Kino und Konzerte. Kwani? macht junge Literatur populär und ist mit seinen Lesungen und Publikationen zu einer Institution im kulturellen Leben herangewachsen.
Livemusik, Modenschauen, sogar Klassikkonzerte – die wachsende Kulturlust nicht nur der gebildeten Jugend sorgt für erfolgreiche Events. Beliebte Treffpunkte sind nach wie vor der Saal des Goethe Instituts, das benachbarte «French Culture» genannte Domizil der Alliance Française, aber auch Ausflugsziele wie die National Museums of Kenya oder das Karen-Blixen-Haus für den Anschauungsunterricht in kolonialer Lebensart finden ihr Publikum.
Ganz unabhängig von den politischen Zeitläufen und Moden ist Kenia per se reich an Kunst und Kultur, nicht zuletzt Dank seiner ethnischen Diversität. Zahlreiche Ausprägungen kenianischen Kulturlebens haben Eingang gefunden in die Liste des immateriellen Weltkulturerbes, darunter Tänze aus Western oder im Osten die berühmten Kulturstätten, die Kayas mit ihren leider bedrohten Riten und Praktiken der Mijikenda-Küstenbewohner.
Schriftsteller wie Binyavanga Wainaina, der Erfinder von Kwani, haben einer ganzen Generation, die zwischen Dorf und Großstadt und Ausland nach ihrer Identität sucht, eine bissige und originelle Stimme gegeben. Leider ist Wainaina 2019 nur 48-jährig in Nairobi an den Folgen eines Schlaganfalls gestorben. Er war 2014 einer der ersten Prominenten seines Landes, die sich zu ihrer Homosexualität
bekannten. Damit machte er sich zum Opfer von Anfeindungen, da auch in Kenia wie in mehr als 30 weiteren afrikanischen Staaten gleichgeschlechtlicher Verkehr mit massiven Strafen geahndet werden kann und Homophobie dort zum populistischen Gebaren mancher Politiker und Kirchenvertreter gehört.
Die großen alten Männer des Literaturbetriebs publizieren nach wie vor: Meja Mwangi, der schon in den 70-er Jahren mit «Going Down River Road» einen Klassiker des kritischen Sozialromans vorgelegt hat (leider immer noch aktuell). Ngugi wa Thiong’o, Regimeopfer, der mehr als 20 Jahre im Exil verbrachte und mit «Herr der Krähen» eine ironische Generalabrechnung mit den Jahren der Diktatur aufgeschrieben hat. Viele halten seine autobiografischen Werke für herausragend. Sie zu lesen ist ein Weg, die tragischen Seiten der kenianischen Geschichte in authentischen Beschreibungen kennenzulernen: das Gefängnistagebuch «Kaltgestellt», seine «Träume in Zeiten des Krieges».
Inzwischen hat auch Kenia das Krimi-Genre entdeckt. Kenia bietet reichlich Stoff für Thriller, darunter der Sohn wa Thiong’o’s, Mukoma wa Ngugi mit «Nairobi Heat». Der sozialen Wirklichkeit sehr nah kommen die Protagonisten der Krimis von Richard Crompton. Wie Krimis lesen sich leider auch manche Dokumentationen und historische Abhandlungen über Kenia, darunter Christopher Goffard’s «You will see fire» über den ungeklärten Tod eines regimekritischen amerikanischen Priesters in Kenia, oder auch die in Kenia verbotene Autobiografie des einstigen Botschafters Smith Hampstone, «Rogue Ambassador», auf deutsch «Der unbequeme Botschafter». Zunächst mit Hilfe westlicher Botschaften wurde das ebenfalls wie ein Krimi wirkende Lebensbildnis des Anti-Korruptionsbekämpfers John Githongo aus der Feder von Michela Wrong vertrieben, weil sich die Buchhändler*innen in Nairobi zunächst nicht sicher waren, ob sie nicht für den Vertrieb bestraft werden könnten. Immerhin wagte die Tageszeitung Daily Nation einen Vorabdruck, und heute hat sich das auch auf Deutsch erhältliche «Jetzt sind wir dran» im Kanon dessen, was man über Kenia gelesen haben sollte, fest etabliert.
Seit vielen Jahren der angesagte Buchladen in Nairobi: Chan Bahal in seinem Bookstop im Yaya Shopping Center. Er wurde unter Moi schon zu Strafzahlungen verurteilt, weil er politisch missliebige Bücher vertrieb, und er weiß bis heute immer genau, was gerade verboten oder «kritisch» ist.
Sport
In der Leichtathletik eine Weltmacht – Marathon unter 2 Stunden, Cricket, Rugby, Fußball – sehr viele Kenianer sind sportbegeistert und kennen sich längst nicht nur in der heimischen Premier League aus, sondern auch im Profifußball in Spanien, Italien, Deutschland und natürlich Großbritannien. Doch in keinem Bereich des Sports sind Kenianer erfolgreicher als in der Leichtathletik auf der Mittel- und Langstrecke. Das ostafrikanische Land sei auf diesem Feld «eine Weltmacht», urteilt der Sportinformationsdienst (SID). Insbesondere im Marathon ist seit einigen Jahren der Begriff Dominanz angebracht.
Am 12. Oktober 2019 riss erstmals ein Mensch beim Marathon die Zwei-Stunden-Grenze, der Kenianer Eliud Kipchoge lief die 42,2 Kilometer in Wien in 1’59’40. «Das zeigt, jeder kann seine Grenzen überschreiten», kommentiert er selbst seinen historischen Erfolg, den manche Journalisten gar mit der Mondlandung verglichen. Eingeleitet wurde die Erfolgsgeschichte der von der Konkurrenz gefürchteten «kenianischen Laufwunder» von dem legendären Kipchoge Keino, der 1968 auf der 1500-Meter-Distanz die erste olympische Goldmedaille für sein Land gewann. In München 1972 knüpfte er mit einer zweiten Goldmedaille – diesmal über 3000 Meter Hindernis – an den Triumph von Mexiko City an. Kip Keino, wie er genannt wird, begründete das Höhenlauftraining in seinem Land, das über einen großen Pool talentierter Läuferinnen und Läufer verfügt, so dass zu nahezu jedem Zeitpunkt Vertreter Kenias in Top-Form bei den großen Rennen von Boston bis Hamburg oder Doha antreten können, an der Spitze der Rennen oft dicht gefolgt und manchmal auch überholt von Äthiopiern oder Eritreern.
Warum ausgerechnet die Kenianer der Welt davonrennen, ist seit Jahren weltweit ein Thema in der Sportpresse: Genannt werden genetische Ursachen ebenso wie Muskelstruktur und Körperbau. Tatsächlich kommen sehr viele der Athleten aus dem Hochland um Eldoret und gehören derselben ethnischen Gruppe der Kalenjin an. Kip Keino selbst führt auch Trainingsmethoden ins Feld. Er sagt, dass Kenias Läufer immer in Gruppen trainierten und sich gegenseitig anfeuerten und so die Leistung steigerten. Die hohen Preisgelder ermöglichten es einigen der Sieger, sich mit einem Schlag aus der Armut zu befreien – das dürfte zumindest ein weiteres Motiv sein, warum sich in Ostafrika vergleichsweise viele junge Menschen auf den harten Leistungssport einlassen.
Unter den vielen Siegern seines Landes ragt Paul Tergat heraus, der erst im Alter von 34 Jahren 2003 in Berlin seinen ersten Marathon-Titel holte, gleichzeitig Weltrekord, den er bis 2007 hielt.
Doch seit einiger Zeit überschatten Hinweise auf Doping das strahlende Sieger-Image der kenianischen Ausdauersportler. Rund 40 von ihnen sollen Presseberichten zufolge des Dopings überführt worden sein. Um die Starterlaubnis bei den olympischen Spielen im Sommer 2016 in Rio nicht zu gefährden, hat das Parlament in Nairobi im April 2016 ein Anti-Doping-Gesetz erlassen. Die Spiele verliefen aus kenianischer Sicht so erfolgreich wie nie zuvor und wurden doch überschattet – nicht vom Doping, sondern von anderen Skandalen, die zur Auflösung des Nationalen Olympischen Komitees führten: Ausrüstung verschwand, Tickets wurden verschoben, Betreuer daheimgelassen.