Medien

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Das Radio bleibt das wichtigste Medium. Das Internet holt dank Smartphone auf, aber das Überleben der Zeitungen ist derzeit noch nicht gefährdet. Kenias Medien gelten als die besten der Region, ihre Verbreitung reicht weiter als in den Nachbarstaaten, und auch den gesamtafrikanischen Vergleich müssen die Medienhäuser in Nairobi nicht scheuen. Schon unter dem repressiven Regime des Präsidenten Moi war die Presse zum Teil erstaunlich kritisch gegenüber der Regierungspolitik und maßgeblich an der Aufdeckung von Korruptionsskandalen beteiligt. Mit Razzien in den Redaktionen und der Verhaftung von Journalisten hatte das Moi-Regime wenig Erfolg. Rundfunk und Fernsehen konnte Moi hingegen weitgehend unter seiner Kontrolle halten. 

Vor allem der staatliche Sender KBC ‹Kenya Broadcasting Corporation (Radio, Fernsehen, online), der lange als einziger TV Sender landesweit zu empfangen war, diente der Regierungspropaganda und sorgte insbesondere in den Wahlkämpfen 1992 und 1997 für einen völlig verzerrten Wettbewerb der Konkurrenten.  Reporter ohne Grenzen (RSF) sieht Kenia 2020 weiter verschlechtert auf Platz 103 im Ranking der Pressefreiheit, drei Plätze schlechter als 2019 und nur einen Platz vor dem weitaus weniger demokratischen Mosambik. 2018 stand Kenia unter 180 verglichenen Staaten noch auf Platz 96 (Vorjahr: 95). Tansania rutschte seit 2018 von Rang 93 auf 124 ab, Uganda von 117 auf 125. Fazit: Es steht nicht gut um die Pressefreiheit in Ostafrika, und die Tendenz ist negativ. In Kenia haben RSF zufolge Übergriffe auf Journalisten sowie die zeitweilige Schließung von vier privaten TV-Sendern und zehn Radiostationen zur Verschlechterung des Rankings beigetragen.

Aus den Medienhäusern der Standard Group mit dem Sender KTN und der Nation Media Group mit Nation TV erwuchs der KBC in den 90er-Jahren Konkurrenz, gegen die sie sich lange museal ausnahm. TV-Geräte sind jedoch auf dem Land nicht sehr verbreitet, mangels Geld, Strom und Empfangsmöglichkeiten. Das Satellitenfernsehen und das Internet sind auf dem Wege, das zu ändern. Es gibt eine Reihe von Satellit-TV-Anbietern verschiedener Preiskategorien. 

Wirkungsmächtigstes Medium war und ist immer noch das Radio, wobei in einem antikolonialen Reflex gegen die Briten die Deutsche Welle lange einige Beliebtheit genoss, heute jedoch im Vergleich mit der über FM empfangbaren BBC kaum mehr wahrgenommen zu werden scheint. 

Alle nationalen TV-Sender haben auch Radiostationen. Hinzu kommt eine Vielzahl privater Radiosender wie Capital FM, Citizen, Kiss FM und lokale Sender in Stammessprachen wie Radio Osienala am Lake Victoria, Radio Kameme oder KASS FM. Einige gelangten während der Clashes 07/08 zu trauriger Berühmtheit. Sie wurden wegen hate speech zeitweilig von der Antenne genommen. Zu den so genannten «Ocampo-Four», den prominenten, kenianischen Angeklagten in Den Haag, gehörte neben den drei Spitzenpolitikern Kenyatta, Ruto und Francis Muthaura auch ein Radiomoderator, Joshua Arap Sang.

Kenia hat eine lebendige und auch qualitativ im afrikanischen Vergleich hochwertige Printpresse, die mit dem Wachstum der Mittelklasse seit 2005 auch einige Special-Interest-Ableger und Hochglanz-Magazine hervorgebracht hat. Die Nation Group bringt die führende Tageszeitung Daily Nation heraus, ca. 220.000 Auflage. Sie leistet sich eine zudem eine anspruchsvolle Wirtschaftstageszeitung, die Business Daily, klassisch in Pink, alle über nationmedia.com abrufbar. 

Wichtigster Konkurrent der Nation ist der Standard, der in einer Auflage von 40.000 Exemplaren erscheint. Nation und Standard haben tägliche Tabloids auf dem Markt sowie Wochenendausgaben. 

Die Auflagenzahlen erscheinen niedrig, doch wird ein Zeitungsexemplar in Kenia von sehr viel mehr Menschen gelesen als etwa in Deutschland. Niemand schmeißt Zeitungen weg. Erstens werden sie zum Lesen weitergereicht, zudem dienen sie vielen anderen Zwecken. 

Um die Region kümmert sich der aus dem Hause Nation kommende und montags erscheinende The East African, der immer wieder gute Dossiers beinhaltet. Es gibt zwei Reisezeitschriften, dazu die True Love (eine Art «Brigitte» für Afrika), die Drum für Kultur, Pop und Mode und eine Reihe unregelmäßig erscheinender Zeitschriften, die sich der Kunst, der asiatischen Minderheit oder dem Umweltschutz widmen. 

Seit Beginn der 90-er Jahre erfreut sich die Printpresse zunehmender Freiheit, auch schon unter Moi. Kenias führender Karikaturist GADO, der weltweit Abnehmer findet, konnte seine beißenden, täglichen Cartoons in der Nation seit 1992 überraschenderweise ungestraft publizieren und hat sogar ein TV-Forum für seine Charaktere gefunden. Chefredaktionen und einzelne Journalisten werden jedoch immer wieder von Politikern massiv unter Druck gesetzt. Auf Veranlassung des damaligen Sicherheitsministers John Michuki wurden 2006 die Redaktionsräume des Standard überfallen und verwüstet; der Folgetag war einer der wenigen seit 1902, an dem die Zeitung nicht erscheinen konnte. Für Furore sorgte mehrfach Präsidentengattin Lucy Kibaki, die im Nation-Gebäude einen Kameramann ohrfeigte und sich über die kritische Berichterstattung über ihren Mann beschwerte. Die Episode ist im Original auf Youtube zu sehen und wurde zudem zur Vorlage für einen Sketch der Comedygruppe Reddykulass.

Auch in Kenia gilt für die meisten Medien: Wer nicht im Internet ist, den gibt es nicht, was den Wirkungskreis der klassischen Medien stark vergrößert hat. Wenn auch längst nicht jeder Kenianer daheim über PC und Internet verfügt, stehen die Kenianer bei der Nutzung sozialer Medien in Afrika nach Südafrika an zweiter Stelle. Einen unvollständigen Überblick über Zeitungstexte liefert die website allafrica.com. Die in Nairobi ansässige Foreign Correspondents Association of East Africa (FCAEA) hat viele Texte ihrer Mitglieder ins Netz gestellt. Zudem gibt es zahlreiche blogs und facebook-Adressen wie etwa die des verstorbenen Schriftstellers und Verlegers Binyavanga Wainaina (nicht zu verwechseln mit dem Musiker Eric Wainaina), die eine kritische Öffentlichkeit abseits des Mainstream geschaffen haben. 

Die afrikanische Sichtweise gewinnt auch in Europa an Reichweite, sei es über facebook wie im Fall Wainainas, Blogs oder über andere Formen wie etwa die Image Plattform journafrica.de, die Stereotype der Berichterstattung überwinden möchte. 

Die Texte stammen vom Länderportal der GIZ, welches vom Netz genommen ist. Verfasser ist der Historiker und Journalist Stefan Ehlert. Die Urheber wurden informiert, dass auf meiner Tourismusseite zu Kenia die Inhalte veröffentlicht werden.